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TEXTE ZUR MALEREI // about painting

Stephan Harmanus in der Galerie mz project room maia zinc, Berlin 2017
Von Martina Zinkwe

In seinen aktuellen Bildern setzt sich Stephan Harmanus mit historischen Vorbildern der Stilllebenmalerei auseinander. Sukzessive nimmt er aber eine Umdeutung des Genres vor. Mittels figurativer als auch rein malerisch-abstrakter Formen entstehen neue Sinnbilder: Während figurative Elemente zu einer narrativen und konzepthaften Erfassung des Bildgeschehens einladen, entziehen sich abstrakt gehaltene Bildteile einer eindeutigen Zuschreibung. In freiem Pinselduktus, verbunden mit pastosem Farbauftrag evoziieren sie das Unbeschreibbare, Irrationale, Zufällige, nicht Planbare. Beides wird ins Verhältnis gesetzt als miteinander
verschränkte Wirklichkeiten – Malerei als Reflexion dieses Prozesses.





Die Welt als Meditationsraum
Stephan Harmanus in der Galerie Taste Modern, Berlin 2011

Von Gunna Wendt

Angesichts der Bilder des Malers Stephan Harmanus fühlt man sich von Wärme und Licht durchflutet. Ein Fest der Farben. Sie schaffen einen Raum der Freude und Energie bei gleichzeitiger Entspannung. Eine der vielen verblüffenden Gegensätzlichkeiten, auf die man in der Begegnung mit den Werken dieses Künstlers trifft.

Stephan Harmanus wurde 1967 in Landshut geboren. Er studierte Musikwissenschaft und Evangelische Theologie in München und Heidelberg und Anfang der 1990er Jahre Freie Malerei an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Seine Bilder stellte er 1993 zum ersten Mal aus, von 1997 bis 1999 lebte und arbeitete er in New York. Nach mehrjähriger künstlerischer Pause widmet er sich seit 2005 wieder verstärkt der Malerei.

Gerade die Gegensätze in seinen Gemälden sind es, die zur Reflexion anregen. Obwohl man von der Bildreihe des Zyklus „Tiergarten“ warm und freundlich aufgenommen wird, wirkt jedes einzelne, wenn man es für sich betrachtet, eher kühl und distanziert. Es ist das Zusammenspiel von üppiger Farbigkeit, deutlichen Pinselstrichen, flirrendem Licht, dass eine geheimnisvolle Irritation erzeugt.

„Die Aufgabe des Künstlers besteht darin, das darzustellen, was sich zwischen dem Objekt und dem Künstler befindet, nämlich die Schönheit der Atmosphäre“, sagte Claude Monet, und Stephan Harmanus ist diesem Diktum gefolgt. Nicht nur in seinen „Giverny“-Bildern, die eine Hommage an den Wohn- und Arbeitssitz des großen französischen Impressionisten bedeuten. Monet lebte über vierzig Jahre in dem kleinen Ort Giverny in der Haute-Normandie. Dort kann man noch heute seinen legendären Garten mit dem Seerosenteich besuchen.

Der Moment, in dem die Beziehung des Künstlers zu seinem Objekt sichtbar wird, ist auch derjenige, in dem der Betrachter selbst aktiv wird. Er wird aufgefordert, das Werk mit zu gestalten. Stephan Harmanus´ Bilder lassen das Auge nicht mehr los, verführen zu Assoziation und Meditation. In ihrer Ruhe wirken sie bewegt. Und bei manchen scheint der Ausschnitt willkürlich, so dass man vermutet, sie könnten sich jenseits der Umgrenzung noch viel weiter ausbreiten.

Auch als Teil einer Serie steht jedes Bild für sich allein. Was sie verbindet, ist kein Miteinander, sondern ein Nebeneinander. Sie sind nicht aufeinander bezogen, obwohl sie eng zusammen liegen. Selbst wenn Bilder augenscheinlich die Natur zum Inhalt haben, wirkt die Landschaft wie ein abstrakter Meditationsraum – ein Mosaik oder Musaicum, das von den Musen, den Schutzgöttinnen der Künste, umhüllt wird.